Nach Erkenntnissen des Spiegel will Justizminister Heiko Maas bereits zum Parteikonvent der SPD am 20. Juni 2015 eine erste Leitlinie für eine Neuauflage der sog. Vorratsdatenspeicherung (VDS) vorlegen. VDS bedeutet die anlasslose Überwachung und Speicherung aller Verbindungsdaten (kurz: Wer, Wann, mit Wem, aber nicht Was) deutscher Telekommunikationsprovider (kurz: Internet, Festnetz, Mobilfunk).
Obwohl vorherige Versuche die VDS einzuführen auf breiten Widerstand stießen und sowohl vom Bundesverfassungsgericht, als auch vom EuGH für rechtswidrig erklärt wurden, unternimmt die Law&Order-Partei SPD nun einen neuen Versuch.
Eine Debatte im Bundestag (Podcast der Bundestagsdebatte | Transkription der Bundestagsdebatte), am 18. März 2015, machte erneut deutlich, dass die politische Intention hinter der VDS keines Falls die „Terrorabwehr“ und die Verhinderung von „schweren Straftaten“ ist, sondern den Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten vielmehr allgemein ein weiteres repressives Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden soll. Beispielsweise versuchte die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) die VDS mit möglichen Ermittlungsansätzen bei unberechtigten Abmahnkosten (Redtube-Porno-Streaming) und unerwünschten Online-Bestellungen, als Vorteil für den Bürger zu verkaufen. Weiterhin wurden zahlreise weitere absurde Begründungen in der Debatte angeführt, die wichtigsten zerlegt Thomas Stadler (Fachanwalt für IT-Recht) in seinem Blog.
Als vermeindliches Argument in der Debatte um die Exhumierung der Vorratsdatenspeicherung wird insbesondere oft bezweifelt, dass Verbindungs- bzw. Metadaten geeignet sind eine erhebliche Gefahr für die Privatsphäre des Einzelnen zu sein immer wieder auf. Auch in der aktuellen Bundestagsdebatte zur Vorratsdatenspeicherung (siehe andere Meldung) betonte Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): „Um noch einmal klarzustellen, worum es geht: Wir reden nur von Verbindungsdaten, also von dem, was früher auf der Rechnung stand, die man von der Telekom bekommen hat. Wir reden – das muss man allerdings auch ehrlicherweise sagen – zusätzlich von IP-Adressen, und wir reden von den Ortungsdaten, von den Funkzellendaten von Handys; das kommt hinzu.“
Doch sind diese Metadaten wirklich so ungefährlich, wie oftmals behauptet wird? Eine aktuelle Untersuchung der Universität Stanford kommt zu einem klaren Ergebnis: Nein, diese Daten sind hoch sensibel. Auf freiwilliger Basis werteten die Forscher Metadaten von 546 Teilnehmern aus, die knapp 34.000 Nummern anriefen, davon waren über 6000 Nummern mit Hilfe öffentlicher Quellen einer bestimmten Einrichtung zu zuordnen. Die Methode ist dabei an sich einfach: So telefonierten z.B. etwa 57% Prozent der Teilnehmer mindestens einmal mit einem Arzt, etwa 18% dieser Anrufe ließen sich dann beispielsweise Zahnärzten zu ordnen. Ruft nun jemand mehrfach bei einem Zahnarzt an, hat er vermutlich Probleme mit den Zähnen. Wer zu dem 1% Prozent der Teilnehmer gehört, die einen Arzt anriefen, der sich mit Drogenmissbrauch auskennt, ist vermutlich Drogen anhängig.
Besonders erschreckend sind die ausführlicheren Beispiele aus der Studie: Eine Teilnehmerin hatte beispielsweise früh morgens lange mit ihrer Schwester telefoniert. Zwei Tage später telefonierte sie dann mit mehreren Stellen für Schwangerschaftsberatung. Ein weiterer Anruf folgte zwei Wochen später und ein letzter schließlich nach einem Monat. Hier könnte ein Schwangerschaftsabbruch vorlegen haben.
Ein weiterer Artikel zur Studie der Universität Stanford ist in der Süddeutschen Zeitung erschienen.
Während in der Studie nur die Metadaten von Handyverbindungen ausgewertet wurden, wäre man mit der VDS wohl in der Lage noch tiefer in Privatsphäre der Bürger einzudringen. Es wundert also wenig, dass der ehemalige NSA-Chef Michael Hayden Anfang April 2014 erklärte: „Wir töten auf Basis von Metadaten“.
Es gilt die VDS politisch zu verhindern und, wenn sie in Kraft gesetzt wird, technische Maßnahmen zu ergreifen um sich vor ihr bestmöglich zu schützen.